„Selbstüberschätzung, Angst oder Besitzeffekt: viele psychologische Phänomene beeinflussen bewusst oder unbewusst unsere Entscheidungen."
In der Verhaltensökonomie ("Behavioral Economics") werden durch eine Kombination psychologischer und ökonomischer Theorien und Methoden das
Entscheidungsverhalten von wirtschaftlichen Akteuren erklärt und analysiert. Indem bewusste oder unterbewusste Verhaltensmuster veranschaulicht und diese für (Markt-) Experimente nutzbar gemacht
werden, können die Ergebnisse in Verhandlungsstrategien, Vertriebsstrategien oder Kommunikationsstrategien angewendet werden.
In Unternehmen spielen verhaltensökonomische Ansätze eine immer größere Rolle. Auf der Ebene der Mitarbeiter sind
dabei häufig Themen wie der effizientere Umgang mit den Unternehmensressourcen oder Motivationsförderung im Fokus. Im Management werden dagegen bestehende Entscheidungsprozesse kritisch
hinterfragt und vielfach neu aufgestellt (z.B. "De-biasing"). Ein Beispiel liefert die Unternehmensberatung McKinsey (Link). Aber auch das Kundenmanagement oder das "Customer Experience" kann sich die
Erkenntnisse der Verhaltensökonomie für eine stärkere und bessere Kundenbindung zu eigen machen.
Mit der Psychologie an den Finanzmärkten ("Behavioral Finance") hat sich bereits seit einigen Jahren ein beliebtes Anwendungsgebiet der Verhaltensökonomie etabliert. In der Analyse des Anleger- und Sparverhaltens gelingt es mit Hilfe psychologischer Phänome immer besser, den Ursachen von Entscheidungsfehlern oder Verzerrungen von Risikowahrnehmungen auf den Grund zu gehen. Zudem ist das Interesse an Phänomenen wie Herdenverhalten oder spekulativer Blasen und deren Auswirkungen auf das Marktgeschehen angesichts der zuletzt aufgetretenen Finanzkrisen deutlich gestiegen.
Neueste Anwendung findet die Verhaltensökonomie in der Politikberatung. Das sogenannte „Nudging“ beschäftigt sich mit Verhaltensinterventionen (choice architecture) und liberalem Paternalismus. Dabei liegt der Fokus auf der „sanften“ Beeinflussung von Marktteilnehmern, um mittels einfachen Anreizen Verhaltensänderungen u.a. von Patienten, Konsumenten, Steuerzahlern oder Sparern zu bewirken. Auch der Verbraucherschutz kann von den Erkenntnissen der Verhaltensökonomie profitieren.